Der Unternehmensverband Unterelbe-Westküste e. V. (UVUW) hat seine rund 400 Mitgliedsunternehmen zur Vier-Tage-Woche befragt. An der Umfrage nahmen 133 Unternehmerinnen und Unternehmer teil. Die Umfrage ergab, dass 17 % der Unternehmen an der Westküste und der Unterelbe ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Vier-Tage-Woche anbieten. Angenommen wird das Angebot aber nur vereinzelt.
Ken Blöcker, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste e.V. (UVUW) bewertet das Ergebnis so:
„Auf Arbeitgeberseite stellen wir die Tendenz fest, dass tatsächlich vermehrt eine Vier-Tage-Woche bei gleicher Wochenarbeitszeit angeboten wird. Dadurch wird die Arbeit von fünf Tagen auf vier Tage verlagert. Die Arbeitgeber bemühen sich, sich durch dieses Angebot attraktiver zu machen. Aus Arbeitnehmersicht spricht auch vieles dafür, bedeutet es doch in erster Linie mehr Zeit mit Freunden und Familie an einem Tag. Allerdings liegen bislang kaum Erfahrungen vor, welche Auswirkung die tägliche Arbeitsverdichtung langfristig auf die Erholung hat.“
Sein Geschäftsführerkollege Sebastian Koch, Fachanwalt für Arbeitsrecht ergänzt: „Auch wenn die Angebote zunehmen, wissen wir aus unserer arbeitsrechtlichen Beratung, dass es nur in Einzelfällen auch tatsächlich angenommen wird. Arbeitsrechtlich ist die Umsetzung einer Vier-Tage-Woche schwierig. Nach dem Arbeitszeitgesetz müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden einhalten. Überstunden auf Grund von unvorhergesehenen Dingen sind zu Lasten der Auftragsabwicklung schwer möglich. Für Ruhezeiten und die Grenzen der täglichen Arbeitszeit sollten endlich die Spielräume auf europäischer Ebene genutzt werden. Zumindest muss die tägliche Höchstarbeitszeit in eine Wochenhöchstarbeitszeit umgewandelt werden. Der Schutz der Beschäftigten wird dabei gewahrt, da die tarifvertraglich oder individuell vereinbarte Wochenarbeitszeit der Beschäftigten nicht verändert wird. Im Einzelfall kann die Beschäftigungszeit lediglich variabler gestaltet werden, ohne die maximale Wochenarbeitszeit zu überschreiten.“
Ken Blöcker: „Bei einer zunehmenden Angebotsausweitung der Vier-Tage-Woche müssen wir aufgrund der Verlagerung der Arbeitszeiten auf weniger Tagen vermehrt mit Schließzeiten rechnen, außerdem mit der Tatsache, dass Aufträge abgelehnt und die Leistungen ausgelagert werden. Eine Vier-Tage-Woche mit einer reduzierten Wochenarbeitszeit bei gleichem Lohn findet im Übrigen keine Anwendung bei den Betrieben und ist nach unserer Einschätzung mehrheitlich auch vollkommen ausgeschlossen. Neben den finanziellen Herausforderungen in dieser Zeit müsste neues Personal eingestellt werden, um die fehlenden Stunden abdecken zu können. Dieser zusätzliche Personalbedarf ist vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels nicht zu decken.
Wer bislang 40 Stunden die Woche arbeitet und zukünftig bei gleichem Gehalt und gleicher Arbeitszeit an den übrigen Tagen einen Tag weniger arbeiten würde, müsste jede Stunde 25 Prozent mehr leisten, um die reduzierte Arbeitszeit auszugleichen. In den allermeisten Berufsbildern ist das undenkbar. Hinzu kommt unser Fachkräftemangel. Es droht mit dem Ruhestand der Babyboomer eine massive Verschärfung des Mangels. Die Tendenz zum „Abschmelzen“ von Arbeitszeit in einer Situation extremen Arbeitskräftemangels wäre ein weiterer Aderlass für die Produktivität und Zukunftsfähigkeit der Volkswirtschaft. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Investitionsflucht wäre dies ein weiteres in die falsche Richtung weisendes Signal. Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, also gleichbleibendem Lohn, können wir uns nicht leisten.
Neben der Vier-Tage-Woche machen die Arbeitgeber sich intensive Gedanken, welche Benefits sie ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusätzlich anbieten können. Die Leistungen, die viele Arbeitgeber bislang zusätzlich erbracht haben wie: Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder eine Betriebskantine, verlieren an Bedeutung. Heute wird Wert auf flache Hierarchien gelegt, eine sichtbar moderne IT und Maschinen, den Digitalisierungswillen, Mobilitätsmöglichkeiten, die Nachhaltigkeit im Unternehmen und Wertschätzung gelegt. Auch die Erfüllung eines Sonderwunsches, wie z.B. ein Sonderurlaub zum Wacken-Festival, den Hund mit ins Büro zu bringen, Unterstützung bei der Kinderbetreuung anzubieten, das sind Wünsche heutiger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die Vier-Tage Woche ist weder Schreckgespenst noch Lösung. Am besten ist der Dialog miteinander, was machbar ist und was nicht.“
Der UVUW ist ein Zusammenschluss von knapp 400 Unternehmen im Gebiet vom Hamburger Rand bis zur dänischen Grenze. Gegründet wurde er im Jahr 1947 und hat sich zu einem wichtigen Sprachrohr der Wirtschaft an der Westküste entwickelt. Auf der Homepage des UVUW finden Sie unter „Presseservice“ frei nutzbare hochauflösende Pressefotos des Vorsitzenden und der Geschäftsführung.