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Energiekrise: Wie ist die Stimmung in den Unternehmen?

Fragen an unseren Geschäftsführer Ken Blöcker:

Die Corona-Pandemie war gerade überstanden, jetzt befinden wir uns in der nächsten Krise. Wie ist die mentale Stimmung in den Unternehmen?

Wenn wir uns den Krankenstand in den Unternehmen anschauen, dann ist die Corona-Pandemie leider noch immer nicht überstanden. Aber in der Tat stehen wir am Beginn einer Rezession. Die mentale Stimmung bei den Unternehmerinnen und Unternehmern ist wie Sie sich denken können schlecht, auch wenn das natürlich sowohl typ- als auch branchenabhängig ist. Branchenübergreifend haben die Unternehmen weiß Gott schon bessere Zeiten erlebt. Aber in der einzelbetrieblichen Betrachtung galt es historisch gesehen wiederum bei der Mehrheit sicherlich schon schwere Zeiten zu überwinden.

Die hohen Energiekosten drücken die Laune und den Umsatz – wie kritisch ist die Situation für die heimische Wirtschaft?

Die Situation ist zweifelsohne kritisch. Alle sind betroffen, da wir ja Kostenexplosionen beim Gas, Erdöl und Strom erleben. Aber natürlich ist insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit des produzierenden Gewerbes massiv gefährdet. Es wird auch nicht gelingen, die achtfach höheren Kosten der internationalen Mitbewerber mit Steuermitteln auszugleichen. Das gelingt nicht kurz-, und erst recht nicht langfristig. Es muss daher alles dafür getan werden, dass Energie wieder günstiger wird in Deutschland. Dafür muss das Angebot erhöht werden und Steuern und Abgaben müssen gesenkt werden. Es ist doch absurd, dass wir hier an der Westküste als Windenergielieferant Deutschlands höhere Stromkosten haben als im Süden. Den vielen warmen Worten aus der Bundespolitik, die Produktion und Nutzung von Wasserstoff wirtschaftlich und wettbewerbsfähig machen zu wollen, müssen endlich Taten folgen. Viele nutzen Wasserstoff seit Jahren als reines „Buzzword“, ohne das Potential wirklich zu erkennen.

Rechnen Sie in den kommenden Monaten sogar mit Insolvenzen aus den Gründen?

Davon gehe ich aus. Offen ist aber noch die Frage, wie viele es werden. Das hängt maßgeblich davon ab, wie schnell eine wirksame Gaspreisbremse umgesetzt wird. Diese Bremsen sind ein Baustein, um die Anzahl von Insolvenzen geringer zu halten. Die Bundesregierung muss schnell in die Umsetzung kommen. Mit der angekündigten und überfälligen Gaspreisbremse ist das Risiko von Insolvenzen jedoch spürbar geringer geworden. Wir brauchen aber auch eine wirksame Strompreisbremse. Strom ist der Energieträger Nummer eins in den Unternehmen. Die Energiedebatte wird unverständlicherweise jedoch zur Zeit von den Gaspreisen dominiert.

Welche Auswirkungen haben die hohen Energiekosten bereits auf die Produktion und auch Preispolitik der Unternehmen?

In den letzten Monaten hat die Industrie ihren Gasverbrauch zwischen 20 und 25 Prozent reduziert: Dies gelang durch Einsparungen, durch Effizienz und Prozessoptimierung, durch einen Wechsel des Energieträgers, aber leider auch durch eine deutliche Reduzierung der Produktion. Das liegt sicherlich nicht nur an den Energiekosten, sondern auch an der Rohstoffknappheit – aber eben auch! Die Kalkulation der Preise gestaltet sich immer schwieriger, wenn man nicht weiß ob und zu welchen Preisen man beliefert wird. Man ist dann beispielsweise gezwungen in den eigenen Angeboten einen Energiezuschlag in unbekannter Höhe ankündigen zu müssen.

Fachkräfte werden ja dringend gesucht – oder lässt man dies jetzt aus Kostengründen lieber sein und versucht, mit dem vorhandenen Personalstamm zurechtzukommen?

Die Unternehmen suchen weiterhin dringend Fachkräfte. Die Zahl der offenen Stellen mag vielleicht leicht rückläufig sein. Es wird aber keine tatsächliche Trendumkehr geben. Dafür ist die Lücke viel zu groß. Der akute Arbeits- und Fachkräftemangel ist und bleibt trotz Krieg, Corona und Energiekrise die Herausforderung. Nur mit ausreichend qualifizierten Fachkräften können die Potenziale bei uns an der Westküste realisiert werden. Sie sind für die geplanten Milliardeninvestitionen in beispielsweise Heide und Brunsbüttel Voraussetzung. Wir sind auf qualifizierte Zuwanderung angewiesen und brauchen daher auch endlich ein modernes Einwanderungsgesetz.

Wie sieht es grundsätzlich mit der Investitionsbereitschaft für das kommende Jahr aus?

Diejenigen, die finanziell in der Lage sind zu investieren, tun es, gerade jetzt. Aber das sind immer weniger. Die Investitionsbereitschaft sinkt deutlich. Neben den unmittelbaren Energiekosten sind auch die Rohstoffpreise deutlich gestiegen und das Konsumklima verschlechtert sich zusehends. Steigende Lohn- und Lohnnebenkosten tun ihr übriges. Nach zweieinhalb Jahren Krisenmodus sind die Rücklagen aufgebraucht. Die Zinswende führt zusätzlich dazu, dass die Unternehmen in dem jetzigen Umfeld immer schwieriger an frisches Geld kommen.

Gibt es Überlegungen, sich beim Energiebezug eventuell ein Stück weit autarker zu machen?

Viele Unternehmen in Dithmarschen bemühen sich, insbesondere im bundesweiten Vergleich, schon lange sich möglichst autark zu versorgen. Ich glaube, dieser Hang zu Unabhängigkeit wird den Dithmarschern von Geburt an in die Wiege gelegt. Aber mal Spaß beiseite. Die Politik wirft seit Jahren oder besser gesagt seit Jahrzehnten Steine in diesen Weg. Statt auf regionale Nutzung der regional erzeugten Energie setzte die Bundesregierung bislang auf günstiges Gas und den Trassenausbau in den Süden. In Dithmarschen ging man aber dennoch diesen steinigen Weg konsequent weiter. Die geplante Northvoltansiedelung bestätigt, dass es kein Holzweg ist. Wenn man die Zukunft ernst nimmt, dann muss man aufhören es anderen zu überlassen, sondern selbst aktiv werden. Ein Unternehmen muss bei aller intrinsischen Motivation auch immer ein Auge auf die Wirtschaftlichkeit werfen. Wir reden von hohen Investitionskosten. Ich gehe davon aus, dass die Zeitenwende auch zu energiepolitischen Entscheidungen führt, die eine stärkere autarke Versorgung zum Wettbewerbsvorteil werden lassen.

Die Bundesregierung will eine Gaspreisbremse installieren. Reicht das für die Unternehmen aus – oder wie sehen Ihre Forderungen aus? 

Die in dieser Woche vorgestellten Pläne der Gas- und Wärmekommission sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es ist auch zu begrüßen, dass die Arbeitgeber für die einmalige Zuschusszahlung im Dezember an die privaten Verbraucher nicht erneut als Auszahlstelle für staatliche Leistungen missbraucht werden. Für viele energieintensive Handwerksbetriebe und kleine- und mittelständische Unternehmen ist aber die einmalige Dezemberzahlung nur ein Tropfen auf den heißen Stein und wird nicht ausreichen. Außerdem kommt die Gaspreisbremse zu spät. In den kältesten Monaten des Jahres – im Januar und Februar – stehen nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Unterstützung da, sondern auch alle Unternehmen mit einem Verbrauch von unter 1,5 Mio. kWh/a, was die Mehrzahl der Unternehmen in Dithmarschen sein dürfte. Abschließend möchte ich auch darauf hinweisen, dass nach unserer Umfrage aus dem Sommer jedes dritte Unternehmen in Dithmarschen auch Heizöl als Energieträger nutzt. Das sind deutlich mehr als in den anderen Westküstenkreisen. Der Anteil dürfte aus der Not geboren in den zurückliegenden Monaten sogar eher zu- als abgenommen haben. Diese Unternehmen gehen bei den gemachten Vorschlägen leer aus.

 

 

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